kulturelle Aneignung

An Heiligabend am Krippenspiel teilnehmen und dafür mit schwarzer Theaterfarbe das Gesicht angemalt bekommen. Mit Hennafarbe orientalische Muster auf die Hände malen oder auf alten Faschingsfotos als


An Heiligabend am Krippenspiel teilnehmen und dafür mit schwarzer Theaterfarbe das Gesicht angemalt bekommen. Mit Hennafarbe orientalische Muster auf die Hände malen oder auf alten Faschingsfotos als Indianer verkleidet sein. All das sind Beispiele, die damals als völlig „normal“ galten, heutzutage eher unter den Begriff kulturelle Aneignung fallen.  

 

Dreadlocks abschneiden – Konzert spielen

Im März 2022 wurde die Sängerin Ronja Maltzahn von einer Veranstaltung der Fridays-For-Future-Bewegung (Ortsgruppe Hannover) ausgeladen, weil sie Dreadlocks trägt. Ronja Maltzahn wollte an dem Tag „Ein Zeichen für Frieden und gegen Diskriminierung mit unserer Musik setzen […]“ [1], wurde jedoch aufgrund ihrer Frisur ausgeladen, weil Dreadlocks in den USA ein Widerstandssysmbol der Bürgerrechtsbewegung schwarzer Menschen ist und die FFF-Veranstalter „BiPoC’s Raum geben“ will. Ein Auftritt wäre jedoch trotzdem möglich, sollte sich die Sängerin ihre Dreadlocks bis zum Auftritt abgeschnitten haben. Überrascht und schockiert blieb die Sängerin zurück, während in Deutschland der Begriff um die kulturelle Aneignung (wieder) entfacht.

 

Facebook-Seite Ronja Maltzahn via Instagram, 23.03.2022

 

Der junge Häuptling Winnetou

Auch vor kurzem ist das Thema wiederaufgekommen: an Karl Mays „Winnetou“. Der Verlag Ravensburger hat sich dazu entschieden, unter anderem das Kinderbuch „Der junge Häuptling Winnetou“ wegen Rassismus-Vorwürfen aus dem Sortiment zu nehmen. Die Firma entschuldige sich, mit den Titeln „die Gefühle anderer verletzt zu haben“. Die indigene Bevölkerung werde mit einem „romantisierenden Bild mit vielen Klischees“ gezeichnet. [2]

 

 

(Quelle: Instagram ravensburgerkinderbuecher, 11.08.2022)

Doch was bedeutet der Begriff ‚kulturelle Aneigung‘ überhaupt?

Ganz einfach: Menschen bedienen sich an Elementen einer Kultur, die nicht ihre ist, um so ihre eigene Individualität auszudrücken. Vorwiegend sind es weiße Menschen, die sich musikalische oder modische Aspekte aneignen.

Einige aktuelle Beispiele gefällig?

  1. Das Eisenberger „Mohrenfest“ – traditionell wird die Sage um den „Mohr“ als Theaterstück von Kindern während des Fests aufgeführt. Der*die Hauptdarsteller*in wird im Zuge dessen schwarz angemalt. Ein Beispiel für das Blackfacing.
  2. Wusstest du, dass der Tanzstil „Twerking“ auch einen kulturellen Hintergrund hat? Das Twerken ist vor allem in Brasilien, Haiti, Kuba und Jamaika weit verbreitet. Den sexuellen Touch hat der Tanzstil durch Einflüsse des Hip-Hops in den USA erhalten.
  3. Die populäre Sängerin Billie Eilish kennst du sicher: sie gestand, dass sie absichtlich mit einem Blaccent spricht. Also einem Englisch mit Akzent schwarzer Menschen.
  4. Und auch die seit Jahren erfolgreiche Sängerin Beyoncé wird des Öfteren angefeindet, weil sie sich in ihren Musikvideos aus Elementen der indischen Kultur bedient.
  5. Und zu guter Letzt der King of Rock’n’Roll: Elvis! Denn die Musikrichtung gehört ursprünglich der afroamerikanischen Unterhaltungsmusik an. [3]

 

Wir können gut verstehen, wenn du der Meinung bist, dass das ein oder andere Beispiel „übertrieben“ ist. Allerdings wollen wir dir auch mit auf den Weg geben, dass wenn du weiß bist, du glücklicherweise behaupten kannst, privilegiert zu sein. Menschen, die der Rastafari-Religion angehören, tragen Dreadlocks als Zeichen ihrer Kultur – viele Menschen werden in Jamaika verfolgt, weil sie diesen Haarschmuck tragen. Sicherlich sollte jeder und jede die Frisur tragen, die ihm oder ihr gefällt aber banalisiert die Problematik nicht. Lasst euch nicht von Aussagen beeinflussen, ohne vorher die andere Partei zu hören. Nehmt nicht einfach so die Aussagen von Menschen an, die privilegiert genug sind, über die Beweggründer anderer Menschen zu urteilen. Recherchiert eigenständig und bildet euch dann eine Meinung dazu.

Soziale Medien sind in der heutigen Zeit ein wichtiges Kommunikationsmittel aber lernt, dass ihr dort sehr schnell beeinflusst werden könnt, gerade bei diesem Thema.

In unserem Projekt predigen wir immer wieder, wie wichtig Demokratieverständnis ist, gleichzusetzen mit der Nächstenliebe. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut aber steht sie über dem Recht der freien Entfaltung? Ist es korrekt, einem Menschen zu verbieten, Dreadlocks zu tragen? Sind die Bücher von Karl May und die darauf basierenden Filme nicht ein Stück deutsches Kulturgut? Und dienen die Winnetou-Geschichten nicht seit Jahrzehnten als Vorbild für Kinder und Erwachsene zu den Themen Interkulturalität und Menschlichkeit? Anstatt ein Buch vom Markt zu nehmen und so der Öffentlichkeit ein künstlerisches Werk vorzuenthalten, könnte man es auch mit einem entsprechenden Vorwort versehen, in dem verdeutlicht wird, in welcher Zeit das Buch geschrieben wurde, in welcher Zeit die Geschichte handelt, wie diese zu charakterisieren ist und wie die Inhalte einzuordnen sind?

Wie ist deine Meinung dazu? Lebst du eher nach dem Motto „leben und leben lassen“ oder findest du die Kritik an den Beispielen gerechtfertigt? Schreib gern in die Kommentare!

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Quellen

[1] Facebookseite Ronja Maltzahn

[2] Instagramkanal ravensburgerkinderbuecher

[3] NDR vom 23.08.2022: https://www.ndr.de/kultur/Debatte-um-kulturelle-Aneignung-Alles-geklaut,gedankenzurzeit1806.html