Werbung ist ein fester Bestandteil unseres Alltags.

Plakate, Handys, Fernsehen oder Radio – die Werbung informiert uns 24/7 über neue Produkte und Trends. Sie informiert aber nicht nur, sie regt zum Kauf an und nicht selten lassen wir uns davon in die Irre führen. Werbung will Aufmerksamkeit erregen. Provokation, Satire und Ironie sind ihre Stilmittel. Und manchmal verschwimmen die Grenzen zwischen Werbung, die als humorvoll empfunden werden kann, und Werbung, die diskriminierend und herabwürdigend ist. Dennoch gibt es Grenzen, die Werbung nicht überschreiten sollte. In diesem Blog geht es um die Frage: Kann Werbung auch Vorurteile fördern und damit Menschen verletzen? Wie weit darf sie gehen? Wo hört Kunst auf und wo beginnt Diskriminierung oder Rassismus?

Rassistische Werbung finden wir auf vielen Kontinenten
Das Werbung rassistische Züge annehmen kann, ist kein Phänomen der 2000er Jahre. Bereits im 19. Jahrhundert warb der Seifenhersteller Pears mit einem Produkt, welches sogar schwarze Hautfarbe entfernt. Diesem Bild liegt die damalige gesellschaftliche Meinung zugrunde, dass die Farbe Weiß für Reinheit und Sauberkeit steht, während Schwarz Schmutz und Unreinheit repräsentierten.

Solche Diskriminierungsmodelle kursieren auch in unserer Zeit. Werbung wo helle Hautfarben mit Reinheit gleichgesetzt wird, ist immer noch keine Seltenheit. Auch heute noch finden wir Werbespots oder Plakate, die Sauberkeit und Reinheit mit der (Haut)Farbe Weiß verknüpfen. So erschien beispielweise 2017 ein Werbespot eines Dove-Duschgels, in dem eine Schwarze Frau ihr T-Shirt über den Kopf zieht und sich in eine weiße Frau verwandelt. Der Unilever-Konzern, zu dem Dove gehört, musste den Werbespot infolge der vielen Kritiken aus dem Programm nehmen. Der Vorher-nachher-Vergleich zusammen mit dem Slogan „real beauty“ suggeriere, dass sich Schönheit durch weiße Hautfarbe definiere, so lautete der Vorwurf. Die amerikanische Kosmetikfirma Dove reagierte sofort: Die Werbung sei unbedacht und zeige Frauen mit dunkler Haut nicht in angemessener Weise, entschuldigte sich die Firma. Doch das Netz vergisst nicht und Bilder dieses Spots können wir weiterhin finden.

 

Auch in China finden wir Beispiele für rassistische Tendenzen in der Werbung. In einem Spot von 2016 sehen wir eine junge Chinesin in der Waschküche, wie sie mit einem dunkelhäutigen Maler flirtet. Bevor es zu einem Kuss kommt, schiebt sie ihm einen „Qiaibi“-Tab in den Mund und steckt ihn anschließend kopfüber in die Waschtrommel. Nach Ende des Waschgangs hat der junge Mann nicht nur saubere Kleidung, sondern verlässt die Maschine als hellhäutiger Chinese. Ähnlich wie bei den vorhergehenden Beispielen, wurde die schwarze Hautfarbe mit Schmutz gleichgesetzt. Der Spot ging viral und sorgte weltweit für negatives Aufsehen. Da die weiße Hautfarbe im asiatischen Raum zum Schönheitsideal gehört, brachte es erst massive internationale Proteste, bis die Werbung eingestellt wurde. Erfunden wurde der Spot allem Anschein nach aber in Europa. Ein fast identischer Werbeclip wurde bereits 2007 in Italien veröffentlicht mit einem entscheidenden Unterschied: Die Italienerin steckt einen hageren weißen Mann in die Waschmaschine. Heraus kommt ein muskulöser schwarzer.
Wir bleiben in Europa und sehen uns in den Niederlanden um. Der von dort stammende Brauereikonzern Heineken warb unter anderem in den USA mit einem umstrittenen Clip. In der Hauptrolle ist dabei ein Barkeeper, der einer attraktiven Frau etwas Gutes tun will. Da sie mit ihrem Glas Weißwein nicht sehr glücklich zu sein scheint, schiebt er ihr über den Tresen eine Flasche Heineken Light hin. Bis hierhin ist alles okay. Doch auf dem Weg zu der weißen Frau gleitet die Flasche an einer ganzen Reihe dunkelhäutiger Gäste vorbei. Hierzu erscheint der Text: „Sometimes lighter is better“. Das englische Wort light bedeutet sowohl leicht als auch hell. Vor diesem bildlichen Hintergrund drängt sich die die zweite Bedeutung aber regelrecht auf, sodass der Slogan „Manchmal in heller besser“ in vielen Köpfen hängen bleibt. Vor allem in den USA, wo die weltweite „blacklivesmatter“-Bewegung ihren Anfang genommen hat, hätte eine negative Reaktion auf den Spot vorausgesehen werden müssen.
Auch das schwedische Textilunternehmen H&M musste sich schon Rassismusvorwürfen stellen. In einer Werbekampagne trägt ein schwarzer Junge einen Kapuzenpulli mit der Aufschrift „coolest monkey in the jungle“ (coolster Affe im Dschungel). Der Spot löste weltweit Proteste aus, in Südafrika wurden ganze Filialen des Konzerns von wütenden Menschen gestürmt. Die Mutter des im Spot gezeigten Jungen verkündete zwar, sie verstehe die Aufregung nicht, doch das besänftigte die Kritiker*innen nicht. Der Spot wurde zurückgezogen und H&M entschuldigte sich, doch die Frage darüber, ob man mit diesen Bildern nur Aufmerksamkeit provozieren wollte, bleibt.

Naivität oder Werbestrategie?

Und nun nach Deutschland: 2017 veröffentlichte VW einen Clip, der für viel Aufsehen sorgte. In diesem Werbespot schiebt eine große weiße Hand einen schwarzen Mann vor sich her und formt mit den Fingern das Okay-Zeichen. Dieses ist bekannt als Symbol für White Power und ist eines der weltweit am häufigsten verwendeten Symbole im Neonazi-Umfeld. Der Mann wird durch die Hand direkt vor den Eingang eines Hotels mit dem Namen „Petit Colon“ geschnipst. Zu Deutsch: kleiner Siedler. Kritiker*innen des Werbespots sehen darin eine Anspielung auf den Kolonialismus.
Der Clip endet damit, dass der Schriftzug "Der Neue Golf" eingeblendet wird. Jedoch werden die Zeilen bzw. nicht gleichzeitig gezeigt, sondern zunächst die Buchstaben: ER - NE - G die in anderer Reihenfolge das N-Wort ergeben. Drei rassistische Symboliken in weniger als drei Minuten – Zufall, Naivität oder geschickte Werbestrategie? Diese Frage stellten sich damals viele Menschen im Netz. Wurde hier der falschen Werbeagentur vertraut und die Zusammenhänge nicht erkannt?

Handelt es sich einfach um einen Zufall oder wurde hier nach dem Prinzip „auch schlechte Werbung ist gute Werbung“ gehandelt?

Was denkt ihr darüber? Lasst uns einen Kommentar da.